Startseite » re:sap Retail Association for Sustainable Apparel

re:sap

re:sap Retail Association for Sustainable Apparel

10/02/2025  BY  Martina Müllner


Die Modebranche ist eher für Ellenbogen als für Schulterschluss bekannt – jetzt bringt ihr einen neuen Handelsverband an den Start. Weil?

Mimi Sewalski, Beirat Avocado Store: …einfach die Lücke für einen nachhaltigen Modeverband besteht. Es gibt Modeverbände, Handelsverbände, Siegelanbietende, Bioverbände aber eben keinen für den nachhaltigen Modehandel. Nach einem großen Trendbewusstsein für Eco Fashion vor und während Covid war die Folge, dass auch viele konventionelle Brands und Händler:innen auf den Zug Nachhaltigkeit aufgesprungen sind. Mit dem Ergebnis, dass das Thema Nachhaltigkeit immer mehr verschwimmt und genau das Gegenteil von Transparenz erreicht wird. Hier wollen wir Orientierung geben und im gemeinsamen Schulterschluss Lösungen erarbeiten. Der Schulterschluss ist übrigens etwas, was den nachhaltigen Modehandel immer schon ausgezeichnet hat.

Was muss man sein, um beizutreten? Utopist*in oder Realist*in?

Bernd Claude Hausmann, Gründer von glore: Realist! Wir sind ein Handelsverband und das Wort handeln ist daher für unseren Verband sehr wichtig. Auf keinen Fall wollen wir als ideologische Ökos wahrgenommen werden, denn „there is no social business without business!“. Alle Gründungsmitglieder sind oder waren langjährige Handlerr:innen und wissen ganz genau, was möglich und was nötig ist. Wir stehen aber auch für eine Branche, die angetreten ist, um den Modehandel transparenter, fairer und nachhaltiger zu gestalten und das geht nicht, ohne eine klare Vision und definierte Werte. 

Was kann man gemeinsam besser erreichen?

Mimi Sewalski: Im nachhaltigen Modehandel brauchen wir eine lautere Stimme. Seit Ausbruch des Ukrainekrieges merken viele Branchen, dass Konsument:innen mehr aufs Geld achten und auch leider gerade bei der Nachhaltigkeit eher sparen. Hinzu kommt, dass immer mehr konventionelle Modebrands über Nachhaltigkeit sprechen, was wir prinzipiell begrüßen. Leider gibt es aber auch viel Greenwashing in der Kommunikation und das hat zur Folge, dass es sehr schwierig geworden ist, nachhaltige Mode zu definieren und zu erkennen. Hier wollen wir gemeinsam mit Händler:innen, Brands und Partnerschaften mehr Klarheit schaffen und damit auch im Ergebnis Konsument:innen Orientierung geben. Ganz wichtig: das ist nur GEMEINSAM möglich, mit Produzent:innen, Siegelanbietenden, Brands, anderen Verbänden und insbesondere dem Handel, denn der ist am Puls des Geschehens.

Welche konkreten Initiativen oder Benefits will re:sap an den Start bringen?

Bernd Claude Hausmann: Der primäre Benefit ist, dass wir unseren Mitgliedern es so einfach wie möglich machen möchten, nachhaltigen Handel ohne Greenwashing zu betreiben. Dafür haben wir eine Whitelist erstellt, auf der man sofort erkennen kann, welche Marken nach unserer Definition nachhaltig sind. Auch das Schaffen dieser Kriterien ist bereits für einige ein Benefit, so wurde es uns bereits gespiegelt. Des weiteren wollen wir uns als eine Art Netzwerkknoten verstehen, d.h. eine Anlaufstelle für dringende Fragen sein und diese dann auch in der Community beantworten und so Know-how aufbauen. Angesichts der aufkommenden Regularien sicher eine große Hilfe für eher kleinere Händler:innen. Wie jeder Verband möchten wir natürlich auch Sprachrohr sein, Embassadors für nachhaltige Mode , indem wir Events und Workshops planen und das Thema nicht nur in unserer Blase behandeln, sondern auch in anderen Kontexten zum Thema machen.

Mimi Sewalski: Konkret ist für uns einer der nächsten Steps z.B., dass unsere Mitglieder einen re:sap-Sticker an ihre Ladentür bekommen und so deutlich als nachhaltiges Geschäft erkennbar sind. Für Onlineshops gibt es den Sticker natürlich auch für die Website.

Mittelfristige Ziele?

Bernd Claude Hausmann: Hier sind die ganzen EU-Regularien für uns spannend und es ist wichtig, dass wir auch mit der Politik im Gespräch sind und Gesicht zeigen. Aber auch momentane Gegentrends wie z.B. Greenhushing müssen im Modehandel diskutiert werden und dafür wollen wir Initiatoren und Moderator:innen sein. Des weiteren wollen wir für unsere Standards werben und noch mehr Händler:innen davon überzeugen daran mitzuarbeiten den Handel nachhaltiger zu machen. Die Textilindustrie muss die sozialen und ökologischen Standards weiter verbessern und da kann der Handel einen großen Beitrag leisten.

Wandel kann man nicht nur herbeiposten/schreiben/diskutieren – was sind konkrete Aktionen von re:sap, die das Ziel „Modebranche nachhaltig zu transformieren“ in die Tat umsetzen?

Mimi Sewalski: Der Wandel ist ja schon da, wir sind bereits an dem Punkt, dass eigentlich alle großen Modehändler:innen Nachhaltigkeitskriterien eingeführt haben. Wir möchten den Wandel am Laufen halten und das funktioniert z.B. auch über Kommunikation, Storytelling und Lobbyarbeit. Unser Vorteil ist, dass wir alle seit vielen Jahren im Modehandel tätig sind und deswegen auch sehr gut vernetzt sind. Was konkret die nächsten Aktionen sind, möchten wir nicht alleine entscheiden, sondern uns ist es wichtig, dass unsere Mitglieder hier auch ihre Ideen einbringen. Dafür bieten wir jetzt digitale  Infoveranstaltungen an (siehe Website). Dazu sind alle eingeladen, denen das Thema wichtig ist, die Fragen an uns als Verband haben, die Mitglieder werden möchten, die Ideen haben, was wir vorantreiben sollen. Da sind wir übrigens wieder beim Schulterschluss von der Eingangsfrage: Wir suchen das Miteinander und wollen niemanden regulieren, sondern gemeinsam Lösungen finden – übrigens auch sehr gerne mit den Großen der Branche.

Nachhaltig soll in eurer Vision das neue Normal werden – die aktuellen (Konsum?)Krisen haben uns gezeigt, dass sie ganz schnell von der Prioritätenliste der Konsument*innen und Firmen fallen, wenn die Konjunktur hustet. Könnt ihr dazu eine Position beziehen?

Bernd Claude Hausmann: Die Krisen haben uns hier etwas zurückgeworfen, Konsument:innen legen zur Zeit sehr viel Wert auf Erlebnis und überlegen sich sehr gut, wofür sie ihr Geld ausgeben. Hinzu kommt, dass der Klimawandel deutlich spürbarer ist, und das ist ein psychologischer Stressfaktor für viele Menschen. Auch hier sehen wir uns als Verband nicht in der Resignation, sondern in der Aktion: Gemeinsam mit unseren Mitgliedern möchten wir Antworten finden, wie man als Handelsgeschäft auf die aktuellen Bedürfnisse (z.B. der Wunsch nach mehr Erlebnis bei Kund:innen) reagieren kann und da haben wir einen großen Vorteil: Nirgendwo kann man so tolle Hintergrundgeschichten zu den Brands im Geschäft erzählen, wie bei uns. Viele nachhaltige Händler:innen sind auch in der Krise weiterhin erfolgreich, eben weil sie kreativ sind in der Kommunikation, im Ladengeschäft und im Storytelling. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir jedes Wort in unserem Namen als Auftrag sehen: die Mode, die Nachhaltigkeit und den Handel! Das ist für uns kein „entweder… oder“, sondern ein „sowohl…, als auch“!

Share
Newsletter
Abonnieren