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Sofie D’Hoore

„Mit meiner Mode drücke ich Freiheit aus“

17/07/2024  BY  Nicoletta Schaper


Vielleicht ist Sofie D’Hoore so etwas wie ein heimlicher Star des Quiet Luxury. Mit Pureness und Eleganz ist die Belgierin für ihre Kollektion immer ihrem inneren Kompass gefolgt und gewinnt damit zunehmend auf internationaler Ebene. Ein Zeichen dafür, dass ihr Stil dem neuen, selbstbestimmteren Frauenbild entspricht?

Interview: Nicoletta Schaper. Fotos: Sofie D’Hoore

Sofie, gefühlt wächst vor allem in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit und Anerkennung für deine Marke. Was würdest du sagen: Hat sich der Markt und die Kultur geändert oder die Kollektion?

Sofie D’Hoore, Inhaberin Sofie D’Hoore: Ich glaube, dass wir uns im besten Sinn der Slow Evolution immer weiterentwickelt und glücklicherweise selbst in den Jahren der Pandemie nicht allzu groß unter Umsatzeinbrüchen gelitten haben. Die Anerkennung für die Kollektion ist über die Jahre langsam, aber stetig gewachsen, auch in Märkten wie den USA, Japan und Südkorea, was mich sehr freut! Sicher liegt es daran, dass wir dort in tollen Stores vertreten sind, zum Beispiel A’maree’s und La Garçonne in den USA, BShop und Bianca Brillante in Japan und Beaker in Südkorea.

Wir sprechen von einem neuen Selbstverständnis der Frauen, was sich auch in ihrer Mode zeigt. Inwieweit hat der Erfolg von Sofie D’Hoore mit diesem veränderten Frauenbild zu tun?

Eigentlich bin ich mit der Kollektion immer meinem persönlichen Stil gefolgt: weiblich-androgyn, sophisticated und möglichst funktional. Offenbar entsprechen diese Attribute den Frauen heute mehr denn je. Ich glaube aber auch, dass wir jetzt in der insgesamt unruhigen Weltsituation noch mehr nach Beständigkeit suchen. Das kommt meiner Mode entgegen, weil sie zeitlos ist und einem hohen Qualitätsanspruch folgt.

Zählen die Werte einer Marke heute mehr? Und ist die Zeit des Quiet Luxury auch die Zeit kleinerer Brands?

Ja, die Leute sind sich bewusster, was in der Welt passiert und beziehen dazu auch in ihrem Konsum Stellung, das höre ich aus vielen Gesprächen mit meinen Kundinnen und Kunden heraus. Unsere Kollektion ist nicht laut, wir laufen eher unter dem Radar und ich möchte mich auch nicht mit den großen Quiet Luxury Brands gleichstellen, dazu würden mir ohnehin die Möglichkeiten fehlen. Aber es gefällt mir, dass Frauen, die meine Mode tragen, sie mit ihrer Persönlichkeit bereichern und so zu ihrer Mode machen. Ich möchte niemandem mein Image überstülpen.

Sind Frauen heute wirklich unabhängiger davon, Männern zu gefallen?

Ja, Frauen heute fühlen sich viel freier! Ich bin in einer sehr traditionellen Familie aufgewachsen, wo der Vater viel und hart gearbeitet hat und meine Mutter die typische Hausfrau mit Leib und Seele war, die das Haus perfekt sauber gehalten und die Kinder gut erzogen hat. Ich mochte das gar nicht, sondern wollte schon früh unabhängig sein. Ich liebe Freiheit über alles, sei es in Bezug auf Stil, Schönheit oder auf Raum. Intuitiv entwerfe ich eine Kollektion, die diese Freiheit ausdrückt und die den Trägerinnen Freiheit ermöglicht, zum Beispiel im Spiel mit Volumen, und dass man die Teile auf unterschiedliche Weise tragen kann, mal auf Taille oder dann wieder lässig oversized. Unter Freiheit verstehe ich auch, dass man die Teile oft waschen kann und sie dadurch nur umso schöner werden. Für mich ist das Easy-to-Wear im besten Sinne.

Gehören Saisons der Vergangenheit an?

Mode sollte komplett zeitlos sein! Diese materialistische Herangehensweise, nach der man immer den Trends hinterher läuft, gehört vollkommen der Vergangenheit an. In unserer heutigen Welt müssen wir anders denken. Das heißt nicht, dass die Mode klassischer werden soll, überhaupt nicht! Sondern dass wir Designer anders denken und anders an unsere Kollektionen herangehen sollten.

Wie in eurem Beispiel?

Beim Material fängt es an. Für die Recherche jeder neuen Kollektion nehmen wir uns drei Monate Zeit, die braucht es auch. Von 1.000 Stoffproben bleiben am Ende zehn übrig. Ich liebe es, Fabrics zu entdecken, und lasse auf den Messen keinen Stand aus, um ja nichts zu verpassen. Für mich sind die modernsten Materialien Baumwolle und Wolle, die ganz wie früher ohne Chemikalien behandelt wurden. Diese Rückbesinnung ist sehr zeitgemäß – die Menschen werden sich immer mehr bewusst, dass wir dahin zurückkommen müssen. In der Fertigung setzen wir das fort: Wir produzieren in Portugal und Italien für kurze Wege und feilen auch in der Verarbeitung an größtmöglicher Qualität. So verwenden wir auf unsere Teile außen wie innen die gleiche Sorgfalt. Zum Beispiel sind die Nähte für noch mehr Haltbarkeit dreifach gesteppt.

Trotz eures Erfolgs: Wie gelingt es, das Rad nicht zu überdrehen?

Wir sind eine kleine Struktur mit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Prototypen entstehen hier im Haus und ich arbeite intensiv mit unseren drei Modellmacherinnen. Ich fühle mich gut, wenn ich mich tief in etwas hineinarbeiten kann, Oberflächlichkeit macht mich unglücklich. Chantal Spaas, die für International Sales verantwortlich ist, ist ebenso bodenständig und wir ergänzen uns gut. Es kommt für uns nicht in Frage, uns zu vergrößern, denn unsere organische Arbeitsweise ist Teil unseres Erfolgs.

Wir leben in einer global herausfordernden Wirtschaftslage, die den Handel in Bedrängnis bringt. Wollen Retailer auch mal die Kollektion verändern, weil sie glauben, sie dann besser zu verkaufen?

Vielleicht merkwürdig, aber mit solchen Anfragen kommt man gar nicht auf uns zu. Mit Ausnahme von Japan und Südkorea, wo die Menschen kleiner sind und wir auf Nachfrage des Handels die Größe 32 hinzugefügt haben. Grundsätzlich ist Sofie D’Hoore eine Nischenkollektion, die nicht für jeden gemacht ist. Aber sie spricht eine Sprache, die vor allem von unabhängigen Frauen mit eigener Persönlichkeit verstanden wird. Und die gibt es zum Glück überall auf der Welt.

Vielen Dank für das Gespräch!
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